ZARTGRAU

Anno dazumal

Der Kaltenbrunner Krampus

Als ich noch Kind war, war der Vorabend zum Tag des Heiligen Nikolaus spannender als Weihnachten. Wenn es zu dämmern begann, sind wir Kinder ganz brav, ohne elterliche Aufforderung, ins Haus gegangen, haben ohne zu meckern gegessen, was auf den Tisch kam und uns zuvor sogar freiwillig die Patschhändchen gewaschen.

Der Grund dafür war groß, schwarz, zottelig, grässliche Laute von sich gebend, mit einer Rute herum fuchtelnd und kettenklirrend: Der Krampus! Er kam zusammen mit dem Nikolaus und war, obwohl er sich immer im Hintergrund hielt, die Hauptfigur des Abends, denn zum Einen trug er die Butte auf dem Rücken, aus der der Nikolaus die Geschenke nahm, zum Anderen kam es darauf an WELCHER Krampus denn mit dem Nikolaus kam. Bei uns in Großwilfersdorf hing es nämlich davon ab, wie man sich das Jahr über so verhalten hatte. War man immer relativ brav und folgsam, kam der ganz normale Krampus, der zwar lärmte und mit den Ketten rasselte, was das Zeug hielt, aber seine Rute im Zaum hielt, also keine wirkliche Gefahr darstellte. War man allerdings schlimm und ungehorsam, dann kam der Kaltenbrunner Krampus, über den man sich ganz grauenhafte Geschichten erzählte. Er soll vor allem bösen Buben mit seiner Rute den Popo blutig geschlagen und den frechen Mädchen die Zöpfe abgeschnitten haben und die Naschereien, die der Nikolaus bringen sollte, hätte der böse Teufel selber gegessen.

Nun waren mein jüngerer Bruder und ich ja immer brav und lieb und nett *räusper* und hatten, genau genommen, überhaupt nichts zu befürchten, aber ganz und gar sicher, dass nicht doch der Kaltenbrunner käme, waren wir eigentlich nie. Ich kann mich noch erinnern, dass ich einmal – ich glaube, ich bin damals schon zur Schule gegangen – meinem Bruder den Hosenboden mit einer Zeitung unterlegt hatte und ich war durch nichts und niemanden dazu zu bewegen, die Haube abzunehmen, unter die ich meine Zöpfe gestopft hatte. Warum und weshalb wir in diesem Jahr befürchteten, doch den bösen Krampus vor der Tür stehen zu haben, weiß ich leider nimmer, aber wir hatten bestimmt etwas angestellt, das wir selber für böse gehalten haben. Bald hat sich aber herausgestellt, dass diese Vorsichtsmaßnahmen gänzlich für die Katz waren, den mein Vater, der immer zum Aufpassen vor der Türe abgestellt war, gab auch diesmal, kurz bevor Krampus und Nikolaus eintraten, Entwarnung – der Nikolaus kam nicht in Begleitung des Kaltenbrunners. Da sind dann zwei schwere Steine von unseren kleinen Herzerln gefallen und die beiden Besucher sind herzlich und mit leuchtenden Augen empfangen worden.

Grausig schön war das damals und ich möchte diese Abende um nichts in der Welt missen. Der Kaltenbrunner Krampus war nie bei uns und ich kenne auch niemanden, der von diesem bösem Gesellen heimgesucht wurde – niemand hat ihn je gesehen, aber es gibt ihn ganz bestimmt, den Kaltenbrunner :-)

Wildschweinbraten

Österreich leidet unter einer Wildschweinplage. Alleine im Burgenland habe man im Jahr 2010 bereits 7600 Wildschweine erlegt. Ich überlege grade, wieviele Portionen von köstlichem Wildschweinbraten man von 7600 Tieren auf den Tisch bringen kann….

Jo, ich gebe es zu, ich liebe Wildschweinbraten, so er mit Liebe und Fachwissen zubereitet wird. Wegen eines Wildschweinbratens hatten mein Bruder und ich vor ziemlich genau 41 Jahren sogar unsere Lieblingstante arg vergrämt. Ich weiß noch als ob es gestern gewesen wäre, dass wir am Vormittag des 31. Oktober bei meiner Tante am Küchentisch saßen und die Tageszeitung durchblätterten, als Tantchen uns mitteilte, dass der Tag vor Allerheiligen ja ein Fasttag sei und sie darum zum Mittagessen Milchfarferl machen würde. Nun sind mein Bruder und ich ja nicht wirklich heikel, aber bei Milchfarferl wird uns beiden – naja, ist so – kotzübel. Da schiebt mir mein liebes Brüderlein die Zeitung rüber, zeigt auf ein Inserat – und plötzlich hatten wir beide es ziemlich eilig, teilten unserer Tante mit, dass wir eine kleine Spritztour machen würden und eh gleich wieder zurück wären.

Brüderchen und ich hatten damals einen uralten Skoda, eine richtig löchrige Rostlaube, die heute gar nie nicht nur ansatzweise das Pickerl bekommen würde, zur Verfügung. Und mit diesem, unserem Autochen, fuhren wir nach Schmied in der Weiz zu einem Gasthof, der in der Zeitung Werbung für seine Wildwoche gemacht hatte.

Nun ist der Weg von Großwilfersdorf nach Schmied in der Weiz ein langer und entsprechend groß war dann auch unser Hunger. Wir bestellten Wildschweinbraten mit Rotkraut, Birnen, Preiselbeeren, Serviettenknödel und dazu, wie es sich gehört, eine Flasche Beaujolais. Verantwortungsbewusst, wie wir schon damals waren :-), haben wir beschlossen, dass ich heimwärts fahren und daher nur ein Glaserl Wein trinken würde und Brüderchen den Rest vertilgen müsste. Gesagt getan, die Portionen waren riesige, geschmeckt hat alles vorzüglich und rundherum zufrieden haben wir uns dann Richtung Auto in Bewegung gesetzt. Mir war gar nicht gut – das viele Essen, dazu der Wein, der mir, als total ungeübte Trinkerin, zu Kopf gestiegen war, die frische Luft – ich hatte einen richtigen Duliö. Fahren? – unmöglich! Also musste Brüderchen, der wesentlich geeichter als ich war, hinters Steuer. Der Weg durch die kurvige, enge Weizklamm war eindeutig ein Erlebnis, wir haben viel gelacht, hatten viel Spaß auf dieser Fahrt. Zumindest bis wir nach Gleisdorf kamen – da mussten wir durch und wie es der Teufel haben wollte, standen da zwei Gendarmen mitten auf der Kreuzung. Brüderchen sagte nur, bleib ruhig und lach nicht so viel. Aber so abgebrüht war ich damals noch nicht und hab in meiner Panik die Zigarettenschachtel fallen lassen. Das alleine wäre ja noch nicht schlimm gewesen. Schlimm war, dass der Rost ein Loch in die Bodenplatte im Fußraum gefressen hatte. Und durch dieses Loch ist die Zigarettenschachtel genau auf Höhe der Gendarmen auf die Straße gefallen. Ich habe gedacht, mich trifft der Schlag, aber entweder haben die beiden das nicht gesehen oder sie hatten einen großzügigen Tag und haben getan, als ob nichts wäre und wir sind unbehelligt nach Hause gekommen.

Und da saß unser armes Tantchen zornig am Küchentisch, auf dem Herd stand ein riesiger Topf voll liebevoll zubereiteter, aber total verkochter Milchfarferl. Es hat vieler zerknirschter Entschuldigungen und vieler Bussis bedurft, die Tante wieder zu versöhnen. Die Milchfarferl haben dann die Schweinderl zum Nachtmahl bekommen – wir hatten schon befürchtet, dass wir die zur Strafe noch essen müssten. War ja doch ein Goldschatz, unsere Tante.